Begriffe wie „Agile Mindset“, „Digital Mindset“ oder „Change Mindset“ fallen immer wieder im Zusammenhang mit Führung, Organisationen und Mitarbeitenden. Doch viele wüssten oftmals gar nicht, was unter Mindset im Allgemeinen zu verstehen sei. Um die Grundlagen zu klären, gibt Madeleine Zbinden zunächst eine Begriffserklärung: „Stanford Psychologieprofessorin Carol S. Dweck hat einen Großteil ihrer Forschungstätigkeit dem Thema Mindset und Umgang mit Niederlagen gewidmet. Basierend auf ihren umfangreichen Studien kam sie zur Erkenntnis, dass es zwei Ausprägungen von Mindsets gibt: das Growth Mindset und das Fixed Mindset.“
Menschen mit einem Fixed Mindset sähen ihre Fähigkeiten, Talente und Intelligenz als vorgegeben und kaum veränderbar an. Im Vordergrund stehe für sie in erster Linie das Ergebnis, z. B. gute Resultate zu erzielen oder zu gewinnen. Auf Herausforderungen reagieren sie oft mit Angst und Bedenken, denn sie wollen vermeiden, zu versagen. Dementsprechend gingen sie Herausforderungen tendenziell aus dem Weg. Bei Misserfolgen sinke bei Menschen mit einem Fixed Mindset die Motivation und es könne zu Reaktionen wie Hilflosigkeit, Verärgerung oder gar Wut kommen. „Menschen mit einem Fixed Mindset erleben den eigenen Selbstwert als bedroht, geraten unter Druck und stellen ihre Fähigkeiten infrage. Oftmals suchen sie nach Schuldigen oder Ausreden, um den eigenen Selbstwert nicht zu gefährden“, ergänzt Madeleine Zbinden.
Neben dem Fixed Mindset gibt es auch Menschen, die über ein Growth Mindset verfügen. Diese seien der Ansicht, dass ihre Fähigkeiten grundsätzlich entwicklungsfähig und veränderbar sind. Sie suchten aktiv nach neuen Herausforderungen, denn sie seien der Überzeugung, dass sie mit Einsatz, Übung und Arbeit diese meistern können. Madeleine Zbinden führt hierzu weiter aus: „Sie sind wissbegierig, neugierig und sehen Fehler als Entwicklungsmöglichkeiten. Menschen mit einem Growth Mindset strengen sich wesentlich häufiger an und lassen sich durch Niederlagen nicht so schnell einschüchtern. Auf Fehlschläge reagieren sie proaktiv, nicht hilflos.“ Zudem sei die Selbststeinschätzung von Menschen mit einem Growth Mindset realistischer und sie suchten sich bei Bedarf externe Unterstützung, um weiterzukommen.
Welches Mindset Menschen brauchen, um in der Führung erfolgreich zu sein, liege auf der Hand. Dennoch sei es nicht einfach, ein Growth Mindset zu entwickeln, wie auch Madeleine Zbinden weiß: „Die Einstellungen von uns Menschen sind stabil, und das sollen sie grundsätzlich auch sein, denn sie erleichtern uns die Orientierung in einer komplexen Welt.“ Anschließend stellt sie die Frage, wie sich ein negatives Mindset verändern lässt. Grundsätzlich sei die Voraussetzung dafür der Wille und die Bereitschaft, sich mit dem Thema Mindset auseinanderzusetzen, das Wissen darüber zu erweitern und für neue Erfahrungen offen zu sein. In ihrem persönlichen Blog führt Madeleine Zbinden dazu einen vierstufigen Prozess nach Carol S. Dweck aus, der zeigt, wie sich das Mindset verändern lasse.
Neben der Veränderung des persönlichen Mindsets sei es noch anspruchsvoller, das von Organisationen zu verändern, denn einen Mindset Change könne man nicht per Knopfdruck anordnen. Führungskräfte hätten jedoch die Möglichkeit, ein Umfeld zu schaffen, das ein Growth Mindset fördert. Madeleine Zbinden bezieht sich hierbei wieder auf die Psychologieprofessorin Carol S. Dweck: „Ein wesentlicher Aspekt zur Förderung eines Growth Mindsets ist die positive Kommunikation, insbesondere auch das Feedback. Carol S. Dweck fand in ihren Studien heraus, dass vor allem ein positives Feedback zur Anstrengung statt zum eigentlichen Resultat sehr bestärkend auf das Growth Mindset wirken kann.“ Weiter führt sie drei Aspekte aus, die helfen, das Mindset in der Organisation zu verändern.
Der erste ist Psychologische Sicherheit. In einer offenen, transparenten und risikofreudigen Kultur der Zusammenarbeit falle es Mitarbeitenden leichter, ihre echte Meinung kundzutun, Ideen einzubringen und mutig nach vorne zu gehen. Dabei sollte die Führungskraft als Vorbild dienen, indem sie alte Muster aufbricht und Dinge bewusst anders angeht. Der zweite Aspekt ist eine positive Fehlerkultur. Wer als Führungskraft eine Fehler- und Lernkultur entwickle, in der positives und kritisches Feedback möglich ist, sorge dafür, dass sich Mitarbeitende weiterentwickeln. Wer Mitarbeitenden vermittle, dass man durch Fehler lernen könne, helfe ihnen, ein Growth Mindset zu entwickeln. Im dritten Aspekt gehe es darum, Herausforderungen und Risiken offen anzusprechen, wie Madeleine Zbinden ausführt: „Führungskräfte sollten als Vorbild voran gehen und offen über Herausforderungen, Risiken und Rückschläge reden.“ Die eigenen Herausforderungen sollten präsentiert und Mitarbeitende dazu eingeladen werden, gemeinsam kreative Lösungen zu finden. Werden Erfolge anschließend geteilt, stärke das zudem den Teamspirit.
Abschließend erläutert Madeleine Zbinden, was eine Führungskraft mit einem Growth Mindset auszeichnet: „Diese umgeben sich bewusst mit den fähigsten Menschen, um selbst von ihnen zu lernen. Sie geben gerne Feedback und sind ebenfalls offen für Feedback. Sie investieren in Mitarbeitende und ermöglichen die Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen. Sie prüfen offen, welche Fähigkeiten sie im Team und für das Unternehmen in Zukunft brauchen und entwickeln diese bewusst weiter.“ Wer darüber hinaus noch die Rahmenbedingungen ändere, zum Beispiel mehr Entscheidungsspielräume gewährt, habe gute Chancen, dass sich auch die Haltung der Mitarbeitenden ändert und sie anders an Herausforderungen herangehen.
Nähere Informationen zu Madeleine Zbinden und zu ihrem aktuellen Buch „Menschlichkeit in der Führung“