Ein naheliegendes Beispiel ist die Corona-Krise und die Reaktionen der Menschen auf die ersten Lockdown-Maßnahmen: Einige haben sich maßlos darüber geärgert, dass die Restaurants, Fitnesscenter, Geschäfte und andere Institutionen geschlossen wurden. Sie waren frustriert oder fühlten sich in ihrer Freiheit eingeschränkt, weil sie nicht mehr ausgehen, trainieren und shoppen gehen konnten. Teilweise wurden Hasstiraden gegen das Gesundheitsamt und die Regierung auf Facebook, Twitter und anderen Social Media Plattformen losgelassen. Lag die Corona-Krise und der in vielen Ländern verordnete Lockdown in unserem Einflussbereich? Nein. Sich zu lange darüber zu ärgern, kostete unnötige Zeit und Energie.
Viel besser erging es den Menschen, die proaktiv nach Lösungen suchten. Als Alternative zum Restaurantbesuch erfreuten sie sich über die Möglichkeit, zu Hause neue Menüs auszuprobieren. Statt im Fitnesscenter zu trainieren, gingen sie draußen in der Natur spazieren, joggen oder Fahrrad fahren. Statt Shoppen konnten sie endlich wieder im Liegestuhl in der Sonne relaxen und ein Buch lesen.
Circle of Concern und Circle of Influence
Interessanterweise ist uns häufig gar nicht bewusst, dass wir durch eine bewusste und klare Unterscheidung zwischen den Themen, auf die wir aktiv Einfluss nehmen können, und den Themen, die wir nicht ändern können, viel Energie sparen können. Wenn wir uns selbst beim „Jammern“ ertappen, kann es nützlich sein, sich die Frage nach dem tatsächlichen persönlichen Einfluss zu stellen.
Ein wesentlicher Aspekt von Selbstführung ist es, seine Zeit und Energie auf die Dinge zu konzentrieren, die wir beeinflussen können. Dazu ist der Grundgedanke von Stephen Covey in seinem Buch „The Seven Habits of Highly Effective People“ sehr hilfreich.
Uns umgeben im Allgemeinen zwei Kreise – der Circle of Influence und der Circle of Concern:
Der äußere Kreis – der sogenannte Circle of Concern – umfasst all jene Dinge, die unsere Aufmerksamkeit beanspruchen, uns im positiven, wie im negativen Sinne gedanklich beschäftigen: Begebenheiten, auf die wir uns freuen, wie auch Dinge, die uns ärgern oder die uns Sorgen bereiten. Typische Alltagsbeispiele sind das Wetter, die Launen der anderen oder die weltpolitische Lage.
Der Kreis in der Mitte – der sogenannte Circle of Influence – umfasst all jene Dinge, auf die wir einen direkten Einfluss nehmen können, die wir willentlich gestalten oder zumindest mitgestalten können. Der Gedanke, den uns Stephen Covey mitgibt, ist sehr pragmatisch und einfach: Verschwenden Sie Ihre Zeit nicht damit, sich auf Dinge außerhalb des eigenen „Circle of Influence“ zu konzentrieren. Denn dies ist Zeitverschwendung und raubt Ihnen Energie.
Ihre Energie folgt der Aufmerksamkeit – Lenken Sie Ihren Fokus auf das Beeinflussbare
Je mehr Aufmerksamkeit wir den Dingen widmen, die wir nicht ändern können, desto mehr Raum nehmen sie ein. Wenn Sie ein Problem wälzen oder immer wieder über ein Thema jammern, können Sie sich fragen, in welchem der Kreise sich das Thema befindet. Haben Sie einen Einfluss darauf, das Problem zu lösen? Wenn ja, dann werden Sie aktiv, überlegen Sie was zu tun ist und machen Sie Ihren Einfluss geltend, handeln Sie proaktiv. Stephen Covey definiert „proaktiv“ dementsprechend als „für sein Leben die Verantwortung zu übernehmen“ und sagt: „Unser Verhalten ist abhängig von unseren Entscheidungen nicht von unseren Rahmenbedingungen.“ Wenn es regnet und stürmt – warum über das Wetter klagen oder sich gar darüber ärgern? Es liegt außerhalb Ihres Einflussbereiches. Stattdessen können Sie sich auf das besinnen, was Sie beeinflussen können. Sie können sich wetterfest anziehen oder drinnen einen gemütlichen Tag im Bett verbringen und ein spannendes Buch lesen.
Lösungsorientiertes Denken
Für jeden von uns ist es wichtig zu erkennen, in welchem Bereich sich unsere Gedanken überwiegend bewegen. Menschen, die überwiegend im Betroffenheitsbereich (dem äußeren Kreis) denken, sehen sich häufiger als Opfer, denken negativ, sind anfälliger für Stress. Das Gefühl, selbst Einfluss auf den Lauf der Dinge zu haben, hat enorme Auswirkungen auf unsere Weltsicht: Menschen, die überwiegend in Alternativen und Lösungen denken, sind glücklicher und aktiver.
Stephen Covey umreißt mit seinem Modell wichtige Grundaspekte des lösungsorientierten Denkens. Wir sollten nicht den Problemen zu viel Raum geben, sondern nach Alternativen und Lösungen innerhalb unseres Einflussbereiches streben. Nur so können wir unsere eigene Handlungsfähigkeit steigern. Wenn wir keine Lust dazu haben, können wir uns einfach in Gelassenheit jenen Dingen gegenüber üben, die wir nicht beeinflussen können. Sie haben die Wahl: Sie können also entweder den Circle of Concern durch mehr Gelassenheit schrumpfen lassen (reaktive Einstellung) oder durch die Suche nach Lösungen Ihren Circle of Influence erweitern (proaktive Einstellung). Dahinter liegen zwei entscheidende Fragen, die Sie sich in solchen Situationen stellen sollten – bevor Sie Ihre wertvolle Energie auf unveränderbare Dinge verschwenden: Kann ich die Situation beeinflussen? Wenn ja, welchen Aufwand ist es mir wert?
Wenn Sie den Fokus auf Ihren Circle of Influence setzen, kann es dazu führen, dass dieser wächst und sich Ihnen ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Mit einer proaktiven Haltung und Ihrem entsprechenden Verhalten senden Sie automatisch positive Signale an andere Menschen aus und beeinflussen diese in eine positive Richtung.
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