Gewaltfreie Kommunikation in 4 Schritten

Die Wirkung von Sprache darf in der heutigen Arbeitswelt nicht unterschätzt werden. Wie ich meine Kunden, Arbeitskolleginnen und -kollegen und Teammitglieder anspreche, entscheidet darüber, ob sie sich mir gegenüber öffnen oder verschliessen. Durch die Art und Weise meiner Kommunikation gestalte ich die Realität. Es lohnt sich deshalb für jede und jeden von uns, das Konzept der »Gewaltfreien Kommunikation« etwas näher zu betrachten.

Bei der «Gewaltfreien Kommunikation»geht es nicht darum, ob wir uns körperlich brachial schlagen oder nicht. Es geht aber darum, dass wir verbal keine Gewalt anwenden. Das heisst, dass wir unsere Anliegen klar und lösungsorientiert formulieren können und unserem Gegenüber auf Augenhöhe begegnen.

Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) wurde vom amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg begründet. Entstanden ist es in der Zeit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen in den frühen 60er-Jahren, die sich gegen die Rassentrennung einsetzten. Rosenberg untersuchte, warum Menschen gewalttätig werden. Seine Schlussfolgerung: Gewalt ist Ausdruck unserer unerfüllten Bedürfnisse.

Marshall Rosenberg nannte die gewaltfreie Kommunikation auch «Herzenssprache» oder «Giraffensprache». Die Giraffe kann dank ihrem langen Hals von der Höhe aus gut beobachten. Sie hat ein grosses Herz, welches für Mitgefühl steht. Zudem ist die Giraffe ein friedliches Tier und hat kaum Feinde. Auf der anderen Seite gibt es die aggressive «Wolfssprache». Der Wolf ist ein Raubtier, das schnell angreift, wenn es sich bedroht fühlt. Die Grundenergie dieser Sprache ist nicht die Liebe, sondern Angst. Die Wolfssprache ist verletzend und drückt sich aus in Kritik, Bewertungen, Interpretationen, Verallgemeinerungen und kann sogar manipulierend sein.

Die gewaltfreie Kommunikation schafft Verbindung zu Gefühlen und Bedürfnissen – unseren eigenen und des Gegenübers. Laut Rosenberg ist Empathie die Grundvoraussetzung für konstruktive Kommunikation, indem wir für unsere Bedürfnisse einstehen, ohne den anderen zu beleidigen. Wir hören dem anderen mit unserer ganzen Aufmerksamkeit zu, ohne zu vergleichen oder zu bewerten.

 

4 Schritte zur gewaltfreien Kommunikation

Beobachtung statt Bewertung

Eine Situation respektive Handlung sachlich beschreiben. Wichtig: die Beschreibung von Beobachtungen nicht interpretieren, werten, beurteilen oder gar verurteilen. Wenn eine Kollegin mich eine halbe Stunde warten lässt und ich dann ärgerlich zu ihr sage «Du bist immer unpünktlich und ich bin dir überhaupt nicht wichtig, sonst würdest du mich nicht so lang warten lassen», dann ist das die Wolfssprache, die spricht und interpretiert und Vorwürfe macht. In der Giraffensprache hingegen wird die konkrete Situation und die Beobachtung dazu beschrieben. Was habe ich wirklich gesehen oder gehört. «Wir haben um 20.00h abgemacht. Ich habe eine halbe Stunde vor dem Eingang auf dich gewartet.»

Gefühle wahrnehmen und ausdrücken

Beobachtungen lösen in uns Gefühle aus, die wir bewusst wahrnehmen und in Worten ausdrücken können. Dabei sind Gefühle ein Hinweis darauf, ob unsere Bedürfnisse erfüllt sind oder nicht. «Ich habe eine halbe Stunde auf dich gewartet und bin deshalb verärgert, besorgt, oder traurig etc.»

Bedürfnisse formulieren

In diesem Schritt ist es wichtig, zu formulieren, was mir wichtig ist. Welche Bedürfnisse wurden durch die Handlung erfüllt oder eben nicht erfüllt? Marshall Rosenberg nennt die folgenden allgemeinen Bedürfnisse, welche essentiell sind für uns Menschen: körperliches Wohlbefinden, Sicherheit, Liebe, Empathie, Kreativität, Geborgenheit, Spiel, Autonomie, Sinnhaftigkeit. Meine eigenen Bedürfnisse zu verbalisieren hilft meinem Gegenüber, mich besser zu verstehen. «Mir ist es wichtig, dass du pünktlich zu unseren Treffen erscheinst», oder «Ich warte nicht gerne so lange, ohne zu wissen, was los ist».

Bitte statt Forderung

Im nächsten Schritt geht es darum, sein Anliegen als Bitte zu formulieren, d.h. um eine konkrete Handlung anzufragen, statt einzufordern. «Darf ich dich bitten, mich nächstes Mal anzurufen, wenn du zu spät kommst. Dann weiss ich, was los ist und kann noch etwas erledigen».

Wie uns die «Gewaltfreie Kommunikation»hilft

Die «Gewaltfreien Kommunikation»kann uns in vielen Situationen helfen, unsere Anliegen so zu formulieren, dass wir niemanden verletzen, blossstellen oder angreifen.
Haben Sie sich mal überlegt, dass ein «Nein» als Reaktion vielleicht einfach nur eine Trotzreaktion auf eine Verletzung oder einen Angriff Ihrerseits war? Wie hätte das Gegenüber reagiert, wenn Sie höflich und gewaltfrei kommuniziert hätten? Denken Sie noch heute darüber nach.