Die Macht unserer Glaubenssätze

Unsere Glaubenssätze sind wie ein unsichtbares Gerüst, das unser Denken und Handeln formt. Sie prägen die Wahrnehmung von uns selbst, anderen Menschen und der Welt um uns herum. Wenn wir uns ständig einreden, dass uns niemand mag, werden wir uns automatisch anders verhalten, als wenn wir uns als beliebt und geschätzt betrachten. Unsere Glaubenssätze werden zu unserer gefühlten Realität. Doch hier liegt das Problem: Negative Glaubenssätze können uns einschränken und unsere Persönlichkeitsentwicklung sowie unser Potenzial beeinträchtigen. Deshalb ist es so wichtig, über unsere eigenen Glaubenssätze nachzudenken und sie gegebenenfalls zu verändern.

Unsere Glaubenssätze sind das Fenster, durch welches wir auf die Welt blicken

Sind Ihnen folgende Gedanken auch schon durch den Kopf gekreist oder haben Sie sie sich selbst oder anderen gegenüber geäussert?

  • «Das hat noch nie so richtig geklappt.»
  • «Meine Chefin versteht mich sowieso nicht.»
  • «Ich schaffe das nur, wenn ich viele Überstunden leiste und Stress habe.»
  • «Das schaffe ich nie.»

Solche Glaubenssätze sind tief verwurzelte Überzeugungen, Einstellungen oder auch Erwartungen, die wir für richtig und wahr halten. Sie werden durch unsere persönlichen negativen wie positiven Erfahrungen, unsere Erziehung, unsere Beziehungen und persönlichen Interpretationen gebildet. Sie werden nicht direkt durch die Umwelt oder bestimmte Ereignisse in der Vergangenheit geprägt, sondern vielmehr aus der Bedeutung, die wir diesen Ereignissen beimessen.

Glaubenssätze setzen sich im Laufe unseres Lebens meistens unbewusst und schleichend als Muster in unserem Kopf fest und finden schlussendlich ihren Ausdruck in einem inneren Dialog, der im Kopf herumkreist, oder sogar in explizit ausformulierten Floskeln, die wir gegenüber uns selbst oder anderen Menschen äussern. Wir alle haben sowohl positive als auch limitierende Glaubenssätze. Glaubenssätze zu haben, muss also nicht nur negativ sein. Sie können uns auch stärken, uns Halt und Orientierung geben. Glaubenssätze sind die Triebkraft, die entweder schöpferische oder zerstörerische Impulse auslösen können.

Negative Glaubenssätze torpedieren unser Potenzial

Es ist normal, dass wir Menschen den Fokus auf das Negative legen. Das liegt an unserem urgenetischen Überlebensinstinkt: Wir nehmen Negatives schneller wahr, um Gefahren zu erkennen. Leider übersehen wir dabei oft das Positive und boykottieren sozusagen unser Potenzial. Negative Glaubenssätze engen jedoch die Bandbreite unserer künftigen Entscheidungen, die Entwicklung unserer Persönlichkeit und unser Fähigkeitspotenzial stark ein.

Treffend bringt es folgende weise Aussage aus dem jüdischen Talmud auf den Punkt:

Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden zu Gefühlen.

Achte auf Deine Gefühle, denn sie werden zu Worten.

Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Handlungen.

Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten.

Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.

Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.

Negative Glaubenssätze in positive Glaubenssätze umwandeln

Was denken Sie, welcher Glaubenssatz gibt Ihnen mehr Kraft und hat mehr Wirkung auf Sie und andere? Sie haben die Wahl:

  • • «Das klappt sowieso wieder nicht!» oder:
  • • «Gemeinsam werden wir es schaffen!»

Aus der Hirnforschung ist bekannt, dass unsere Gedanken im Kopf unsere Emotionen steuern. Unsere Emotionen wiederum bestimmen unser Handeln. Wir müssen unser Gehirn also bewusst auf das Positive lenken und positive Gedanken und Glaubenssätze bewusst verinnerlichen. Dazu müssen wir neue Synapsen in unserem Gehirn bahnen.

Folgende Übung in sieben Schritten basiert auf dem Ansatz der neurolinguistischen Programmierung (NLP) und unterstützt Sie dabei, unterbewusst verankerte Glaubenssätze aufzuspüren und zu verändern:

Schritt 1: Zielformulierung – Was konkret möchten Sie erreichen?

Überlegen Sie sich zuerst, was Sie erreichen möchten. Formulieren Sie das entsprechende Ziel dazu möglichst konkret. Beispiel: «Ich delegiere mehr Aufgaben an meine Mitarbeitenden, um mich zu entlasten und meine Mitarbeitenden zu fördern.»

Schritt 2: Was hat Sie bisher an der Zielerreichung gehindert?

Machen Sie sich anschliessend Gedanken darüber, weshalb Sie dieses Ziel bisher nicht erreicht haben. Welcher Glaubenssatz beziehungsweise welche Glaubenssätze haben Sie daran gehindert?

Nehmen Sie sich bei diesem Schritt Zeit, die negativen Glaubenssätze zu ermitteln und diese wortwörtlich aufzuschreiben. Dazu kann es hilfreich sein, sich konkrete Situationen in Erinnerung zu rufen, in denen Ihr Glaubenssatz oder Ihre Glaubenssätze Ihnen in die Quere gekommen sind. Beispiel: «Ich muss alles unter Kontrolle haben.» (limitierender Glaubenssatz)

Schritt 3: Weshalb besteht ein Veränderungsbedarf?

Oftmals sind wir erst bereit, Dinge zu verändern, wenn wir wirklich die Notwendigkeit der Veränderung sehen. Wir müssen uns also konkret vor Augen führen, weshalb der jetzige Zustand untragbar oder sogar schmerzhaft ist und uns das Negative daran explizit bewusst machen.

Beispiel: «Wenn ich meinen Mitarbeitenden nicht vollumfänglich vertraue und alles unter Kontrolle haben will, werde ich früher oder später meine talentierten Mitarbeitenden verlieren, weil sie demotiviert sind und kündigen. Womöglich werde ich dann die geforderte Qualität nicht mehr leisten können, noch mehr Überstunden leisten müssen und vor lauter Arbeitslast in einem Burn-out landen.»

Schritt 4: Formulieren Sie Ihre hindernden Glaubenssätze um

Formulieren Sie nun Ihre alten Glaubenssätze, die Sie bei der Zielerreichung behindern, in Glaubenssätze um, die für Sie hilfreich und positiv sind. Damit Sie sich nicht zu sehr überfordern, können Sie auch mit einem Glaubenssatz anfangen, der aus Ihrer Sicht am wichtigsten ist. Sie werden sehen, dass bereits die Umwandlung eines zentralen Glaubenssatzes viel bewirken kann. Nach und nach können Sie dann weitere Glaubenssätze ändern. Beispiel: «Ich muss alles unter Kontrolle haben.» (negativer Glaubenssatz) umwandeln in: «Meine Mitarbeitenden geben ihr Bestes und ich kann auf sie vertrauen und loslassen.» (positiver Glaubenssatz).

Schritt 5: Durchbrechen Sie Ihre Automatismen

Mit Ihrem derzeitigen Glaubenssatz «Ich muss alles unter Kontrolle haben» sind eingefleischte Automatismen in Ihrem Kopf verbunden. Ihr Glaubenssatz hat sich über eine lange Zeit als neuronale Verknüpfung in Ihrem Gehirn verankert und steuert unbewusst Ihre Gedanken und Handlungen. Diese gilt es nun in konkreten Alltagssituationen zu identifizieren und aufzubrechen.

Wenn Sie merken, dass Sie wieder in das negative Muster verfallen, indem Sie zum Beispiel wieder etwas selbst erledigen, obwohl Sie locker delegieren könnten, oder wenn Sie merken, dass Sie kontrollieren, obwohl dies nicht notwendig ist – dann unterbrechen Sie Ihr Verhalten mit einer ungewöhnlichen Aktion: Stehen Sie zum Beispiel sofort auf und laufen Sie eine Runde ums Gebäude. Oder hüpfen Sie einen Moment auf einem Bein herum. Das klingt vielleicht auf den ersten Blick verrückt, doch Sie machen sich dadurch Ihre Automatismen sofort bewusst.

Nachdem Sie nun Ihren alten Glaubenssatz und das dazugehörende Verhalten identifiziert haben, geht es darum, ein Ausgleichsverhalten zu suchen und das alte Muster umzuprogrammieren. Denken Sie bewusst an Ihren neuen Glaubenssatz «Meine Mitarbeitenden geben Ihr Bestes und ich kann auf sie vertrauen und loslassen» und delegieren Sie – möglichst zeitnah – bewusst diejenigen Aufgaben, die Sie selbst machen wollten und beobachten Sie, was bei Ihnen und Ihren Mitarbeitenden in den nächsten Tagen passiert. Wenn Sie einen erneuten Impuls zur unnötigen Kontrolle verspüren, gehen Sie zurück zu Schritt 4.

Schritt 6: Belohnen Sie sich

Ihre Verhaltensänderung ist mit Überwindung verbunden. Deshalb sollten Sie sich nach dem Prinzip der positiven Bestärkung dafür belohnen. Überlegen Sie sich, welche Belohnung geeignet und motivierend für Sie wirkt. Sie sollte gut in Ihren Arbeitsalltag integrierbar sein. Wie wäre es mit einer längeren Mittagspause oder eine Stunde früher Feierabend? Sie haben schliesslich mit dem Delegieren Zeit eingespart.

Schritt 7: Reflexion

Der letzte Schritt ist der wichtigste: Überprüfen Sie regelmässig die Wirkung Ihres neuen Verhaltens. Damit stellen Sie sicher, dass Ihr neuer Glaubenssatz Ihr Verhalten nachhaltig ändert. Sie sollten ein erkennbares Resultat sehen. Falls ein neuer Glaubenssatz zu wenig wirkt, formulieren Sie einen neuen und probieren Sie es erneut aus. Gehen Sie in Ihrem Tempo vor. Mit der Zeit werden Sie ein Resultat sehen.

Die Veränderung negativer Glaubenssätze in positive Glaubenssätze geht nur über konzentriertes Wiederholen und Üben. Im Schnitt dauert es drei bis sechs Monate, bis wir neue Haltungen und Gedanken verankert haben. Der Neurologe Lutz Jänke formuliert diese Tatsache treffend: «Die Wiederholung ist die Mutter des Lernens!» Erst die regelmässige, konsequente Umsetzung Ihrer neu formulierten Glaubenssätze kann neue neuronale Verbindungen in Ihrem Gehirn schaffen. Je mehr Sie diese wiederholen, desto mehr werden sie in Ihrem Gehirn verankert. Und je länger Sie ihre alten, negativen Glaubenssätze nicht mehr anwenden, desto mehr verkümmern sie.

Wenn wir es schaffen, positive Glaubenssätze zu formulieren und negative Glaubenssätze zu entlarven und umzuformulieren, erzielen Sie am Ende des Tages deutlich bessere Ergebnisse in all Ihren Lebensbereichen.

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